von Moritz Eigenbrod (11. Klasse)
Wir, die Theater-AG des Überwald-Gymnasiums in Wald-Michelbach unter der Leitung von unserem Theater-Lehrer Herrn d’Idler, bekamen im Frühsommer 2022 die Chance, eine einwöchige Reise nach Barcelona zu machen, um uns dort mit Schüler*innen einer spanischen Theater-AG zu treffen und deren Kultur näher kennenzulernen. Dies wurde uns durch das EU-Programm “Erasmus+” ermöglicht, das internationale Fahrten mit großzügigen finanziellen Hilfen unterstützt.
Das Busunternehmen Rothermel aus Grasellenbach fuhr uns – zehn Schülerinnen aus der 10. und der 11. Klasse des ÜWG – zum Frankfurter Flughafen, von welchem aus wir dann nach Barcelona flogen. Nachdem wir gelandet waren, im Hotel eingecheckt und eingekauft hatten, haben wir uns mit unseren spanischen Theaterkolleginnen getroffen und bekamen eine offenherzige und freundliche Begrüßung. So haben wir schon am ersten Tag einiges über die spanische Kultur, das Schulsystem und den Alltag gelernt und waren ein Teil davon. Da unsere Gastgeberinnen mitten in den Vorbereitungen ihres Schulfestes waren, das zahlreiche Theater-, Tanz- und Gesangsaufführungen beinhalten und mit der Abschlussfeier der diesjährigen Schul-Absolventinnen enden sollte, hatten wir die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu gucken: Make-Up, Theaterproben, Musikproben und vieles mehr. Da auch wir einen Auftritt als Theater-AG des Überwald-Gymnasiums vor uns hatten, spielten wir uns etwas ein, denn gerade Improvisationstheater erfordert Übung und ein Gespür für die Schauspielkolleg*innen auf der Bühne.
Doch was wäre eine Reise nach Barcelona, ohne sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzusehen? Also besuchten wir die “Ramblas”, das Kolumbus-Denkmal und die berühmte, sich noch im Bau befindende Basilika, “Sagrada Família” von Antoni Gaudí. Auch ein Sprung ins Mittelmeer durfte nicht fehlen.
Durch die Aufführungen der spanischen Theatergruppen bekamen wir dann einen Einblick in die spanische Theaterkultur. Die zahlreichen Shows unserer spanischen Kolleginnen waren abwechslungsreich, ausdrucksstark und fesselnd. Die Sprachbarriere zwischen uns Deutschsprachigen, die wir uns mit Englisch und etwas holprigem Spanisch ausgedrückt haben, und den Spanierinnen, die ebenfalls Englisch gesprochen haben, war hier kein großes Hindernis. Zwar waren fast alle Aufführungen auf Spanisch, beziehungsweise katalanisch, doch aufgrund der schauspielerischen Leistungen war es ein Leichtes, den Handlungen zu folgen. Es war für jeden etwas dabei, egal, ob man sich satirisch über die Lehrer*innen der Schule lustig gemacht hat, psychische Probleme eindrücklich mit der geschickten Anwendung von Beleuchtung, Schauspiel und Akustik dargestellt wurden oder mit Tanz- und Gesangseinlagen eine Stimmung geschaffen wurde, die zum Mitmachen anregte.
Auch von den spanischen Theaterlehrer*innen, die all dies koordiniert haben, konnten wir so einiges lernen. Auf diese Weise hat uns Ernesto etwas über das Turnen am Trapez beigebracht und Montse (Kurzform von Montserrat: weiblicher katalanischer Vorname) etwas über typisch spanische Tänze.
Diese Vielfältigkeit spiegelt sich auch in den lokalen kulinarischen Spezialitäten wider, die wir kennengelernt haben: Churros, typisch spanisches Gebäck, das aus frittiertem Teig mit Zucker besteht; Horchata, ein Getränk aus dem Saft der Erdmandel; Gazpacho, eine kalt servierte Suppe aus ungekochtem Gemüse; Paella, eine weltweit bekannte Reispfanne mit Meeresfrüchten oder Gemüse.
Als wir dann im Rahmen der Theaterwoche am Institut Banús als Gast-Gruppe auftreten sollten, waren einige von uns nervös. Da unser Publikum kein Deutsch gesprochen hat, sahen wir uns gezwungen, auf Englisch aufzuführen, was eine große Herausforderung darstellte. Doch trotz unserer Bedenken ist es uns gelungen, unsere Zuschauerinnen mit Hilfe von Impro-Spielen wie “Dia-Show”, bei der Bilder von in Starre gefallenen Schauspielerinnen dargestellt werden, oder “Alltagshandlungen”, die in verschiedenen, vom Publikum gewählten Emotionen gespielt werden, für uns zu begeistern. Ein großer Unterschied zu unserem gewohnten deutschen Publikum waren die Reaktionen der Spanier*innen, die oft um einiges lauter und direkter waren. Wenn auch nur ein unbedeutendes Schimpfwort auf der Bühne fiel, war aus den Sitzreihen oft ein entrüsteter Aufschrei zu vernehmen und bei romantischen Szenen oder Happy Ends freuten sie sich mit einem begeisterten “Ooooh” mit.
Auf unsere Aufführung folgte ein gemeinsames Paella-Essen, wobei die Schulleiterin gemeinsam mit Montse Paella an alle verteilten. Dort unterhielten wir uns über unsere Aufführung und die gemeinsame Zeit in Barcelona und bekamen ein kleines Souvenir in Form eines Sportbeutels, Notizhefts und T-Shirts mit dem Logo der Theatergruppe des Instituts Banús. Am Abend besuchten wir dann den Abschlussball der diesjährigen Schulabgängerinnen, auf den wir eingeladen worden waren. Die Stimmung war, wie man es sich vorstellen würde: Es wurde zu spanischer Musik getanzt, Essen und Trinken waren bereitgestellt und der Platz, auf dem die Feier stattfand, war fröhlich geschmückt. Natürlich stachen wir unter unseren gut gekleideten Gastgeberinnen mit unseren T-Shirts und Urlaubshosen und -schuhen besonders heraus. Dies war jedoch kein Problem und so tanzten wir mit und genossen unsere verbliebene Zeit dort. Der Abend war jedoch nicht ganz frei von Zwischenfällen, da eine Anwohnerin, sichtlich erbost über die laute Musik, auf den Platz stürmte und kurzerhand einen Tisch umschmiss. Doch was in Deutschland wohl in einem Rechtsstreit resultiert wäre, stellte für die Spanier*innen kein Problem dar, denn sie räumten einfach alles auf, um weiter zu tanzen.
Am nächsten Morgen, welcher unser letzter sein würde, besuchten wir noch einmal eine Theateraufführung unserer neugewonnenen Freunde. Im Anschluss verabschiedeten wir uns bei allen und machten uns, bestürzt darüber, wie schnell unsere Woche vorbeizog, auf den Weg zum Hotel, um unsere Sachen für die Rückreise zu packen. Abgesehen von Herrn d’Idler, der uns am Flughafen für eine kurze Zeit spaßeshalber hat glauben lassen, er habe unsere Personalausweise im Hotelsafe vergessen, wodurch unser Rückflug nicht möglich gewesen wäre, verlief der Heimweg ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Und so fanden wir uns irgendwann wieder in unserem altbekannten Wald-Michelbacher Theaterraum wieder, um eine Impro-Show für das ÜWG vorzubereiten.